(Un)entscheidbare Fragen…

Eine Fingerübung für heute zum warmwerden:

Sucht euch ein bekanntes Spiel, ‘skinnt’ es, d.h. entfernt seine narrative Hülle (wenn es nicht sowieso schon relativ abstrakt ist wie z.B. “Mensch Ärgere dich nicht”, und verpasst ihm eine neue. Z.B. könnte man “Stein, Schere, Papier” in “Mensch, Huhn, Wurm” umdeuten, wobei jedes Spiel ein Einblick in die Vergänglichkeit der Existenz darstellt. Oder “Mensch Ärgere dich nicht” als eine Versinnbildlichung von homo homini lupus, mit kleinen, brutal oder gierig aussehenden Menschenfigürchen und vergänglichem Tand in den Zielfeldern. Ich bin sicher, euch fallen bessere narrative Umdeutungen ein…

Ein paar Aufgaben für die Studienwoche bis Ende Oktober:

  • Füllt bitte knapp, aber aussagekräftig euer Blogprofil aus (gerne mit Photo), damit alle wissen, wer da gerade postet oder kommentiert.
    Schaut, wer da mit euch im Kurs sitzt: Vielleicht gibt es gemeinsame Interessen für ein Projekt.
  • Postet bitte skizzenhaft eure tollen Entwürfe zu den Spielminimalisierungen und den ebenfalls hochinteressanten Spielmechanismen für “Studium”, “WG-Alltag”, “Kunst” etc.
    Torsten Meyer und Johannes Hedinger würden gerne eine Ausstellung zum Thema “What’s Next?” am Ende des Semesters anschließen. Ich bin mir sicher, einige Ideen ergeben, wenn man sie kontextualisiert, konzeptuell und/oder gestalterisch ansprechende Exponate.
    Vielleicht hat ja eine oder einer von euch schon Ideen für ein ‘ausgewachsenes’ Projekt?!

Leseaufgabe zum nächsten Termin: In ein paar Klassiker hinein schauen. Wenn ihr Texte zum Thema Spiel, auch Computerspiel, in die Hand bekommt, werdet ihr regelmässig auf Johan Huizinga und Roger Caillois stoßen; im deutschsprachigen Raum ebenfalls auf Hans Scheuerl. Prinzipiell sind die Texte schnell zusammen gefasst, die Implikationen sind aber spannend. Gelten diese Strukturmerkmale (“Woran erkennt man Spiele?”) immer, auch heute noch? Sucht euch einen Text aus den dreien heraus und stöbert einmal darin herum.

  • Johan Huizinga (1938): “Homo Ludens.” S.15-22 (Niederländischer Kulturhistoriker)
    Freies Handeln; außerhalb des “gewöhnlichen” Lebens stehend; zeitlich-räumlich abgeschlossen und begrenzt; wiederholbar; spannend; regelhaft
  • Roger Caillois (1958): “Man, Play and Games.” S.9-10 (Französischer Soziologe und Philosoph)
    Free, separate, uncertain, unproductive, governed by rules, make-believe
  • Hans Scheuerl (1975): “Zur Begriffsbestimmung von Spiel und Spielen.” S.342-343 (Deutscher Erziehungswissenschaftler)
    Freiheit, innere Unendlichkeit, Scheinhaftigkeit, Ambivalenz, Geschlossenheit, Gegenwärtigkeit

Die Aufgaben zu den Texten für euch wären:

  • Welche der Eigenschaften wären für euch die entscheidensten, an denen man Spiele erkennt (hier ist Caillois wohl am ‘griffigsten’)? Welche treffen eurer Meinung nach nicht oder nicht mehr zu? Würdet ihr diese in diesem Fall umformulieren?
  • Gedankenanstoß 1 “Scoyo” hatte ich, soweit ich mich erinnere, bereits am Sonnabend kurz angesprochen. Es ist ein Multimillionen-Euro-Projekt (entwickelt von Bertelsmann, jetzt von Super RTL übernommen), um Teile offizieller deutscher Lehrpläne in eine ‘Spielform’ zu bringen [Addendum: Benutzt ‘Übersicht’ und spielt je ein Beispiel aus der 1. und 7. Jahrgangsstufe].
    Als Gegenbeispiel sei hier “World without Oil” genannt, ein hochgelobtes Alternative Reality Game, mit Vorschlag zur curricularen Einbindung.
    ‘Verstoßen’ diese beiden Beispiele gegen die klassischen Spieldefinitionen?
  • Gedankenanstoß 2: Wenn es um Lernspiele geht, wäre es dann auch möglich, genau diese spielspezifischen Eigenschaften zum übertragbaren Lerngegenstand zu machen? Also im/am Spiel etwas zu lernen über Freiheit, Ambivalenz, Regelhaftigkeit, Grenzen etc.?

Postet eure Gedanken zu den Fragen im Blog; ihr könnt auch Gruppenposts abschicken, falls ihr bereits in Kleingruppen zusammen gefunden habt.

Bonusfrage: Warum sind dies “(Un)entscheidbare Fragen?”

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Über Wey

My name's Wey-Han Tan, I graduated 2007 as Diplompädagoge (educational scientist) in Hamburg, and 2009 as M.A. in ePedagogy Design. Currently I work at the project "Universitätskolleg" as scientific assistant at the Faculty for Educational Sciences, Psychology and Human Movement at the University of Hamburg. My research interests are game based learning, second order gaming, media theory and (radical) constructivist approaches. I like pen-and-paper-roleplaying, especially in contemporary horror settings like "KULT" or "Call of Cthulhu".
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