Da ich nächsten Sonnabend / Sonntag eine Rollenspielrunde auf der 17ten, jährlichen “Nacht” leiten werde, arbeite ich gerade an einer Spielidee für ein Kurzabenteuer (ca. acht Stunden) für 2-4 Spieler, Genre: Postmoderner Horror, thematisch-regeltechnischer Schwerpunkt liegt auf Storytelling und ethischen Entscheidungen.
Objektive Grenzen des Spieldesigns
Da einmalig acht Stunden für ein Face-to-Face-Rollenspiel eine relativ kurze Zeit sind, bietet sich ein Abenteuer an, in dem entweder die Ziele sehr klar definiert oder die Handlungsalternativen relativ eingeschränkt sind – ohne dass für die Spieler ein negatives Gefühl der Gängelung entsteht. Charakterentwicklung ist in dieser Zeit schwierig, allerdings bauen viele Horrormotive auf die Ent-Deckung einer verdeckten Identität oder Realität (Klassiker: “Angel Heart”, “Matrix”), die wiederum aus einem Zusammenwirken innerer und vor allem äußerer Ereignisse stattfindet; d.h. man kann als Spielleiter die Charakterentwicklung ggf. im Schnelldurchlauf ankurbeln und so eine gewisse Tiefe in ein kurzes Abenteuer ohne viele Plot-Seitenstränge bringen.
Plotentwurf
Ein Dungeoncrawl in Space. Die Spieler sind Produkte eines Konflikts an Bord eines Seeder-Ships, entdecken ihre Herkunft, das (ethische) Dilemma ihrer Existenz und stehen vor der Wahl, sich einer Fraktion anzuschließen und über das Schicksal einer Zivilisation zu entscheiden. Die Handlung ist angelehnt an Brian Aldiss’ Roman “Non Stop”, Greg Bears “Hull Zero Three” und dem Film “Dark City”. Ich hoffe auf eine zeitliche Punktlandung mit einem Twist Ending.
Für das Genre “Postmoderner Horror” und damit auch für mein Abenteuer sind entscheidend:
- Vertrauensverlust in die sinn-, normen- und wertegebenden Institutionen der Gesellschaft wie z.B. Religion, Philosophie, Geschichte, politische Systeme oder naturwissenschaftliches Weltbild.
- Infragestellung der eigenen Identität und der Stellung in einer komplexen und zunehmend sinnlos erscheinenden Umwelt.
- Verlust der Kommunikationsgrundlage mit Nicht-Initiierten von der Selbst-Isolation bis hin zu Paranoia.
- Allmählicher Aufbau eines alternativen Weltbildes, welches bisher unvereinbare und irritierende Phänomene in einer gemeinsamen Theorie zusammenfasst, die sämtliche tradierten Vorstellungen obsolet erscheinen läßt.
- Erkenntnis, daß das eigene ‘Unwissen’ von ‘Der Wahrheit’ einerseits durch eine Selbsttäuschung, andererseits durch explizite, sorgfältig geplante und skrupellose Täuschungsmanöver einer durch Eigeninteresse motivierten Machtelite aufrecht erhalten wird.
– aus den “Verlorenen Tagebüchern”
Regelsystem
Das Regelsystem wird extrem einfach sein, ein W20-System mit maximal sechs Attributen und einer kleinen Auswahl an Eigenschaften, lose angelehnt an das Call-of-Cthulhu-D20-Rollenspielsystem). Ein einfaches Regelsystem erlaubt mir als Spielmeister im Spiel genügend Raum für Improvisation und bei der Entwicklung für die NSCs mehr Zeit für die qualitative Charakterentwicklung. Komplexe Buchhaltung passt meines Erachtens eher in den Bereich computerunterstützter Rollenspiele. Üblicherweise liegt bei mir der Schwerpunkt des Design auf Storytelling – meiner Ansicht nach sollte dies bei Horror-Rollenspielen generell so sein, da es keine Wiederholung von Fehlentscheidungen gibt; Dramaturgie toppt in diesem Fall die Entscheidungsfreiheit der Spieler, den ‘Realismus’ sowie die potenzielle projektive Sicherheit eines fein ausgearbeiteten Systems.
Mögliche Probleme
Ich muss das Abenteuer noch schreiben… 😉
Problematisch wird eventuell der (zur Zeit noch herrschende) Mangel an Nichtspielercharakteren für die soziale Interaktion, der durch eine Menge an entsprechenden Handouts (mehr Arbeit) ausgeglichen werden müsste.
Hoffe, ich werde rechtzeitig fertig und bekomme ein schönes, rundes Abenteuer hin!
Recherchelinks
(Notiz an mich selbst)
- Link zu Space-Tropes.
- Link zu Tau-Zero-Foundation
- Link zu Atomic Rockets – Project Rho