Ich habe mich nach dem ersten Treffen erneut mit dem Thema Spiele- Minimalisierung beschäftigt. Mich reizt dieses Thema besonders, da ich es interessant finde, mich mit den Dingen zu beschäftigen, die ein Spiel wirklich benötigt, um als Spiel bezeichnet werden zu können. Was ist wirklich für ein Spiel relevant? Was ist nötig? Was ist irrelevant? All diese Fragen kamen mir bei diesem Thema in den Kopf.
Als Ziel machte ich es mir, einige typische Kinderspiele auszuwählen und diese anschließend zu minimalisieren.
Als erstes Spiel wählte ich das Spiel „Mikado“. Ich fand es schwierig, auszumachen, wie viele Stäbchen wirklich nötig seien, um das Spiel spielen zu können. Umso mehr Stäbe vorhanden waren, umso mehr Chancen konnten sich im Spiel entwickeln. Jedoch kamen wir in der Gruppe auf die „Lösung“, dass lediglich 2 Stäbe von Nöten waren, um das Spiel konkret durchführen zu können. Als Spielmedium wählten wir Zahnstocher, um den Schwierigkeitsgrad zu steigern und die Minimalisierung zu verstärken. Auch mit zwei Stäben war das Spiel sofort als „Mikado“ erkenn- und durchführbar.
Als zweites Spiel wählte ich mir das Spiel „memory“. Beim memory wählte ich mir 4 Karten, sodass man im Spiel immernoch die Möglichkeit hatte, zu gewinnen oder zu verlieren. Hätte ich lediglich 2 Karten gewählt, wäre derjenige, der gestartet wäre, automatisch Sieger gewesen und hätte keine Spieloption gehabt. Hätte ich drei Karten gewählt, wäre das Spiel nicht endgültig lösbar gewesen, zumindest nicht mit den üblichen memory- Regeln. Also entschied ich mich für 4 Karten. Bei der Umsetzung kam ich auf eine witzige Idee und beklebte die Rückseiten von Klopapierrollen mit Mc Donald’s Gutscheinen. Dies sollte einen Kontrast darstellen und die Kommerzialisierung und den Massenkonsum von Fast food in frage stellen.
Als drittes Spiel wählte ich mir „schwarzer Peter“. Bei diesem Spiel ist es entscheidend, am Ende nicht den schwarzen Peter in den Händen zu halten. Dazu wählte ich 7 Karten, darunter den schwarzen Peter und 3 Zahlpaar-Karten. Um das Spie so einfach wie möglich zu halten, entschied ich mich bei der Umsetzung für eine schwarz- weiß Umsetzung mit Zahlen. Bei der Durchführung des Spiels war es besonders auffällig, dass die Durchführung sehr zeitintensiv war, anders als gedacht. Jedoch kommt es auch auf die gewählten Regeln an. Wir entschieden uns dafür, dass man die Kartenpaare erst ablegen konnte, nachdem der nächste eine Karte von einem gezogen hatte, sodass einem oftmals das Pärchen wieder auseinander gezogen wurde. Jedoch machte uns das Spiel erstaunlich viel Spaß.
Als viertes Spiel ergab sich das Spiel „Welches Spiel passt nicht in diese Reihe“. Jedoch ist diese Frage nicht wirklich zu beantworten, was wiederum viele Fragen aufwirft. Somit kann man immer wieder neue Spielmechanismen entwerfen und entwickeln und gelangt immer wieder zu neuen Spielen und Spieleideen.
=)
Aus meiner Sicht hätte sowohl die Mikado- als auch die Schwarzer-Peter-Minimalisierung ähnlich wie das Memory eine vom Material oder Motiv her kritische Aufbereitung verdient. Gerade Mikado und Schwarzer-Peter spielten sich vom Gefühl her sehr anders (je leichter und langwieriger) als die bekannten ‘großen’ Versionen. Es wäre interessant zu sehen, welche Effekte eine ähnliche Aufbereitung wie die Burgerkette-Klopapier-Variation auf das Spielgefühl gehabt hätte: Der Gedanke des Upcycling, der Konsum- oder Gesellschaftskritik kommt gerade in aus Müll ‘aufbereiteten’ Spielen gut zum Tragen, da sowohl Müll als auch “Spiel” eher zu den unproduktiven Randbereichen einer Gesellschaft gezählt werden (bisher zumindest).
Passend wäre dazu ein Quizspiel, welches der drei Spiele nicht zu den anderen gehört. Üblicherweise wird eine Unterscheidung immer in einem vorgegebenen Kontext getroffen (z.B. physische Unterschiede im Kindergarten, konzeptuelle Unterschiede in der Schule; Unterscheidung nach Preis, Geschmack, ökologischen Impact etc., etc.). Diese Kontextualisierung bliebe hier aus oder würde stark in das Subjektive, Affektive gedrängt.
Gregory Bateson stellt fest:
„[Wir] können […] „Kontext“ als einen gemeinsamen Terminus für alle jene Ereignisse ansehen, die dem Organismus mitteilen, unter welcher Menge von Alternativen er seine nächste Wahl treffen muß.“
– Bateson (1985), „Ökologie des Geistes“, S.374
Kontextualisierungen finden nun innerhalb des Spiels statt, um den Regeln (“Unterscheide die Gegenstände und sondere einen aus!”) einen Sinn zu geben. Wird die Unterscheidung willkürlich bzw. rein subjektiv, dann ist sie in einem – prinzipiell auf Konkurrenz, Vergleichbarkeit und Eindeutigkeit der Lösung ausgerichtetem – Spiel eigentlich fehl am Platz. Bateson demonstriert dies am Beispiel einer “Multiple Choice” Frage, die keine ist.
Eine Unterscheidung der”Lösungen” in “Richtig” und “Falsch” führt hier in die Irre:
„Eine bestimmte Mutter belohnt ihren kleinen Sohn gewöhnlich mit Eiskrem, wenn er seinen Spinat gegessen hat. Welche zusätzlichen Informationen würden Sie brauchen, um voraussagen zu können, ob sich bei dem Kind folgende Entwicklung einstellen wird:
a. Es wird schließlich Spinat lieben oder hassen;
b. Eiskrem lieben oder hassen oder
c. die Mutter lieben oder hassen?“
Vgl. Bateson (1985), „Ökologie des Geistes“, S.17
In diesen drei Spielen und in der Klammer des Unterscheidungsspiel steckt noch einiges an Potenzial, was sich künstlerisch nutzen liesse.
An sich eine gute Idee, aber generell bin ich einfach kein Minimierungs-Fan.
Ich spiele einfach die Original-Version. Allerdings ist es interessant zu sehen, wie der Spielverlauf sich quasi entwickelt.
Grüße,
M.