Spieltaxonomie

Was ist “Spiel”? Ist das, was ich da gerade beobachte, ein “Spiel”?
Eine empirische Art, sich dieser Frage anzunäheren, ist die Kategorisierung bestehender Spiele und die mögliche – oder unmögliche – Zuordnung neuer Phänomene, die vielleicht Spiel sind.

Die Fragen für Klassifikationen, Typologien bzw. Taxonomien des Spiels können z.B. lauten: “Welche Arten des Spiels oder der Spieler gibt es?” oder “Auf welche Weisen oder zu welchen Zielen hin wird gespielt?”
Eine Klassifikation ist eng verbunden mit verallgemeinerbaren, aber nicht immer vorhandenenen Eigenschaften des Spiels, geht also Hand in Hand mit einer Systematisierung von Struktur- und Funktionsmerkmalen von Spielen.
In Umfragen und empirischen Studien, wie z.B. den vielzitierten JIM/KIM-Studien zur Mediennutzung von Kindern/Jugendlichen, stößt man üblicherweise auf Taxonomien.

Weitere Beispiele

Wikipedias ‘thematische’ Auflistung analoger Spielarten (2012): Sind hier alle Spiele erfasst?
Link zur Liste

Ben Sawyers (2008) Versuch einer Taxonomie von “Serious Games”: Sind hier alle möglichen Spiele mit einer ‘ernsten’ Agenda erfasst bzw. erfassbar?
Link zur Präsentation (PDF)

Mein Versuch einer visuellen Auflistung verbreiteter Spielmechaniken/-narration. Ich bin mir sicher, es gibt mehr bzw. es kann oder wird mehr geben.

Versuche, “Spiel” in seiner Gänze über seine Auftrittsformen zu beschreiben:

Dies sind theoretische Konstrukte von Taxonomien. Es sind Versuche, Spiel wissenschaftlich über das Auftreten in einer oder mehreren Kategorien beobachtbarer Merkmale zu definieren. Die Texte befinden sich in der Dropbox.

Roger Caillois (1958): “Man, Play and Games.” S.11-36 (Französischer Soziologe und Philosoph)
Illinx (Taumel), Mimikry (Maskierung), Alea (Zufall), Agon (Wettkampf);
Paidia (freies, ‘turbulentes’ Spiel) und
Ludus (geregeltes Spiel)

Hans Scheuerl (1975): “Zur Begriffsbestimmung von Spiel und Spielen.” S.346 (Deutscher Erziehungswissenschaftler)
Spieltätigkeit (Handlungen), Spielablauf (konkretes Spiel), Regelgebilde (Objektivationen), spielerische Tätigkeit (‘Verspielung’ realer/ernster Tätigkeiten)

Rolf Oerter (1993): “Psychologie des Spiels” S.93-102 (Deutscher Entwicklungspsychologe)
Sensomotorisches Spiel, Symbolspiel, Parallelspiel (nebeneinander spielen), Rollenspiel, Regelspiel

Claus Pias (2002): “Computerspiele im Prüfstand” (Deutscher  Medienwissenschaftler und Medienphilosoph):
Action (reagieren, zeitkritisch), Adventure (entscheiden, entscheidungskritisch), Strategie (planen, konfigurationskritisch)

Richard Bartle (1996): “Hearts, Clubs, Diamonds, Spades. Players who suit MUDs.” (Britischer Spieleentwickler (MultiUserDungeon) und Computerforscher)
Spielertypologie in einem Multiplayer-Online-Game:
Achievers (reaching a specific goal, levelling);
Explorers (exploring all localities, mechanics, possibilities of the game);
Socialisers (empathising, sympathising, grouping, connecting);
Impositiors (mastering others, killing, destroying)

Tracy Fullerton (2008): “Game Design Workshop. A Playcentric Approach to create innovative Games.”, S.92 (US-Amerikanische Spieldesignerin)

  1. The Competitor: Plays to best other players, regardless of the game
  2. The Explorer: Curious about the world, loves to go adventuring; seeks outside boundaries – physical or mental
  3. The Collector: Acquires items, trophies, or knowledge; likes to create sets, organize history, etc.
  4. The Achiever: Plays for varying levels of achievement; ladders and levels incentivize the achiever
  5. The Joker: Doesn’t take the game seriously – plays for the fun of playing; there’s a potential for jokers to annoy serious players, but on the other hand, jokers can make the game more social than competitive
  6. The Artist: Driven by creativity, creation, design
  7. The Director: Loves to be in charge, direct the play
  8. The Storyteller: Loves to create or live in worlds of fantasy and imagination
  9. The Performer: Loves to put on a show for others
  10. The Craftsman: Wants to build, craft, engineer, or puzzle things out.

Gerade Fullertons Spielertypen zeigen auf, an welche Verhaltensweisen Lernspiele appellieren können bzw. welche notwendig sind oder herausgefordert werden, um spielen zu können.

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