(Regel)Spiele setzen sich zusammen aus narrativen, regulativen und ästhetischen Elementen, wobei sich die drei Bereich gegenseitig durchdringen: In einem idealen, designtechnisch integriertem Spiel ergänzen und verstärken sich Rahmenerzählung, Regeln und ästhetische Gestaltung. Gegenläufige Verwendungen, z.B. die hohe Rolle des Geldes oder die gefälschten Würfelwürfe bei “eLections – Your Adventure in Politics”, einem Spiel, das die US-amerikanische Demokratie erklären soll, führen ggf. zu einem irritierenden Spielerlebnis (= in der US-Amerikanischen Politik wird geschummelt und der mit dem meisten Geld gewinnt vermutlich 😉 ). Dies wäre bei Unusable Games aber durchaus erwünscht.
Für Spieldesigner und Künstler interessant sind die drei ganz unterschiedlichen gestalterischen Kompetenzen, die für ein geschlossenes, ansprechendes, ausbalanciertes und zum Wiederspielen herausforderndes Spiel nötig sind. Üblicherweise sind wir im Erstellen von Regeln zum Steuern von Prozessen oder für das Etablieren von Systemen am ungeübtesten, während der Umgang mit statischem Material oder linearen Erzählungen früh geübt wird. In einer komplexen, dynamischen Welt erhält der gestalterische Umgang mit Regeln eine gewisse Bildungsrelevanz.
Die narrativen Elemente erklären dabei den Spielhintergrund bzw. unterstützen seine Interpretation durch den Spieler, liefern Motivation und Bedeutung für die einzelnen Züge, legen die Rolle von Spieler und Antagonist fest, sorgen für eine Kontinuität in der Bedeutungszuweisung von Handlungen etc. Die narrativen Elemente – dazu gehört z.B. eine ikonische Gestaltung des Spielmaterials, der Spieltitel, eine Hintergrund- und Rollenbeschreibung – sind üblicherweise einfacher zu ändern als Regeln.
Beispiel Schach: Es geht um den Kampf zweier mächtiger Armeen, die jeweils versuchen, den gegnerischen König gefangen zu nehmen.
Beispiele von Spielen mit Schwerpunkt auf Narration: Gamebooks oder Face-to-Face-Rollenspiele.
Die regulativen Elemente sorgen für eine eindeutige, meist quasi-algorithmische Unterscheidung in erlaubte und unerlaubte Züge, über den Zustand zu Spielbeginn und die Endbedingungen des Spiels, über die Anzahl der Spieler und das konkrete Verhalten.
Beispiele für zu regelnde Bereiche wären: Kooperation vs. Kompetition, Anzahl der Spieler, zeitliche und räumliche Spielgrenzen, Spielinterfaces, interpretative vs. algorithmische Bewertung von Zügen, endliche/unendliche bzw. perfekte/inperfekte Information als Ressource, Rolle des Zufalls, Rückkopplungen im Spiel und Komplexität, Konfigurierbarkeit etc.
Die Regeln selbst sind abstrakt, die Jurisdiktion kann ggf. ohne größere Verluste auf einen Computer übertragen werden. Für einen Spieldesigner sind die Regeln das Spielmaterial: Jeder Zug wäre eine Veränderung, die eine neue Spielsituation (= ein neues Spiel) hervorruft; der Sieg wäre ein neues, funktionierendes Spiel.
Beispiel Schach: Figur X darf nur jeweils diagonal auf dem Schachbrett ziehen und keine Figuren überspringen.
Beispiele von Spielen mit Schwerpunkt auf abstrakten Regeln: Strategiespiele wie Dame, Mühle, Tic-Tac-Toe.
Die ästhetischen Elemente können die Anmutung, Haptik, Optik etc. der Spielhandlung unterstützen, haben jedoch keinen direkten Einfluß auf Regeln oder Narrationen. Eine ikonische oer funktionsgebundene Formgebung von Spielmaterial, d.h. eine Deutbarkeit z.B. als Tier, Bösewicht, ein Puzzleteil etc. überschneidet sich mit dem narrativen und regulativen Design.
Beispiel Schach: Ein Schachspiel aus Messing, Elfenbein und Ebenholz vs. einer Version aus Plastikguß.
Spielzeug, das nicht eindeutig an eine Narration gebunden oder kulturell bestimmten Regeln zugeordnet ist, wird häufig ästhetisch gestaltet (z.B.buntes Holzspielzeug für Optik und Haptik).
Texte:
- Claus Pias (2002): Computerspiele im Prüfstand. Interview mit Claus Pias.
(Textausschnitt ist in den Studienmaterialien) - Text zur regulativen Strukturierung von Spielen: Rulespaces (Link)
- Text zur narrativen Strukturierung von Spielen: Storyspaces (Link)