Virtuelles Seminar 23.5.2011: Spaß, Spiel, Sprache – Kultur

Diesmal ging es um Spielkennzeichen; Spiele, die vielleicht keine sind; Wandel und Kritik betreffs klassischer Spieldefinitionen. Und was ist nun eigentlich “Spaß”? Der scheint ein wichtiger Aspekt beim Spielen zu sein – obwohl Kinder (und Erwachsene) meistens sehr ernst und konzentriert sind, wenn sie spielen. Vielleicht wäre “motiviert” eine Möglichkeit, dies zu erklären?

Weiterhin: Die Kurzgeschichte von Bichsel “Ein Tisch ist ein Tisch” – oder wie man eine Spielwirklichkeit erschafft und darin verloren geht. Der Film “Four Rooms”, das Spiel “Therapy”, eine Szene aus “Am Anfang war das Feuer”. Costikyans “Violence!” Wongs “Ultime War Simulation Game”. Spiele, die nicht wie Spiele funktionieren (sollen).

Wir spielen mit dem was (und auf die Art und Weise die) uns beschäftigt; mit dem, was wir wollen; mit dem, wovor wir Angst haben:
White, Josh: “Video War Is a Break From the Real Fight. Trailer Provides Oasis in Iraqi Desert.”
Washington Post, December 16, 2004

Wir spielen Spiele als simplifizierte Abildung der Realität; McLoud nennt dies “Amplification by Simplification”:

Another point McCloud makes repeatedly concerns the role and value of simplification. Our industry-culture has raised visual verisimilitude to the status of a stairway to heaven; McCloud’s points might help bring us down to earth. He presents a sequence of decreasingly detailed renditions of a human face. At the left end of the sequence is a photorealistic representation; at the right end is a circle with two dots for eyes and a line for a mouth. “By stripping down an image to its essential ‘meaning’, an artist can amplify that meaning in a way that realistic art can’t. … The more cartoony a face is, for instance, the more people it could be said to describe.”
Chris Crawford (Spieleforscher und Game Designer) über “Understanding Comics”

Zum nächsten mal: Warum spielt man eigentlich? Was haben wir davon (haben wir etwas davon?), wenn wir spielen?

Texte im Studienmaterialordner:

  • Gregory Bateson (1985): “Ökologie des Geistes.” (Original: 1972, “A Theory of Play and Fantasy.”)
    S. 241-245, bis Abschnitt (5)
  • Brian Sutton-Smith (1978): “Die Dialektik des Spiels”, S. 97-102 (Kapitel “4. Schlußfolgerungen und Implikationen”)
  • Friedrich Schiller (1795): “Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen.”; Vierzehnter Brief (ca. zwei Druckseiten)
  • Optional zum Querlesen: Rolf Oerter (1993): “Psychologie des Spiels”, S. 172-217 und S. 248-265 (Spiel als Realitätsbewältigung)

Vorschlag für Fragen:

  • Nehmen wir an, ihr müßtet ein Lernspiel entwickeln, das helfen soll, eine der genannten Funktionen zu entwickeln, zu trainieren, zu unterstützen – wie sähe dies aus? Würde es sich von bekannten, üblicherweise inhaltsbezogenen Lernspielen unterscheiden?
  • Wohin zielen die Erklärungsmodelle zeitlich?

Literaturtipps für Stephanie (und andere Interessierte) – Die Verknüpfung von Kultur- und Spielformen

Spielt man, was man (kulturell) ist? Ist man, was man spielt? Bereitet eine Kultur ihre (jungen) Mitglieder auf ihre Eigenheiten vor, indem sie ihnen die Spiele nahelegt, deren Spielweise der jeweiligen kulturellen Handlungsweise nahe kommt?
Gibt es vielleicht einen Grund, warum die halbe westliche Welt mit Begeisterung “Farmville” und “World of Warcraft” spielt? Und wenn ja, was haben die beiden auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Spiele (isometrisches Aufbauspiel “Bauernhof” und First-Person-Kampf “Gut gegen Böse”) gemeinsam?

  • Udo Thiedecke: “Spielräume: Kleine Soziologie gesellschaftlicher Exklusionsbereiche.” in Caya Thimm (Hrsg.)(2010): “Das Spiel – Muster und Metapher der Mediengesellschaft.” S. 17-32
  • Johan Huizinga (1938): “Homo Ludens. A study of the play element in human culture.”
  • Erich Renner (2001): “Andere Völker, andere Erziehung. Eine pädagogische Weltreise.” S.266-280
  • Sonja Ganguin (2010): “Computerspiele und lebenslanges Lernen. Eine Synthes von Gegensätzen.” S. 1 – 173

Noch ein Nachtrag zu Kultur und Spiel: Marc Prenskys “True Believers”. Das US-Militär glaubt an den Zusammenhang.

Vorschlag zur nächsten Chat-Sitzung

Sobald ein Thema, eine Idee, ein Einwurf von jemanden in den Chat eingebracht wird, wird dieser als Chat-Statement gepostet.

 

Avatar-Foto

Über Wey

My name's Wey-Han Tan, I graduated 2007 as Diplompädagoge (educational scientist) in Hamburg, and 2009 as M.A. in ePedagogy Design. Currently I work at the project "Universitätskolleg" as scientific assistant at the Faculty for Educational Sciences, Psychology and Human Movement at the University of Hamburg. My research interests are game based learning, second order gaming, media theory and (radical) constructivist approaches. I like pen-and-paper-roleplaying, especially in contemporary horror settings like "KULT" or "Call of Cthulhu".
Dieser Beitrag wurde unter (virtuelles) Seminar, Spieldefinition veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Virtuelles Seminar 23.5.2011: Spaß, Spiel, Sprache – Kultur

  1. danny sagt:

    Zur ‘Spaß-Problematik’:
    Ich denke, dass Spaß so oft mit Spiel verbunden wird, weil es ein allgemeines und positives Erleben beschreibt.
    In der Regel spielen wir nicht, wenn es keinen Spaß macht. Der Begriff ‘Spaß’ ist so offen, dass er m.M.n. kaum mehr als diesen Umstand beschreibt.
    Insofern finde ich es treffender über ‘Bedürfnisbefriedigung’ im Spiel zu sprechen. Wenn der ‘Spaß’ das Erleben im Spiel wiedergibt, dann wäre die ‘Bedürfnisbefriedigung’ der zugehörige Auslöser.

    Hieraus ergeben sich dann andere Fragen:
    Was ist dann das Bedürfnis (=Motivation/Ziel), das zum Spielen von genau diesem Spiel bewegt?
    Wenn das selbe Spiel bei verschiedenen Spielern unterschiedliche Motive anspricht, ist es erfolgsversprechend den Spieß so einfach umzudrehen und ein Spiel passend zu einem Bedürfnis konstruieren?

Kommentare sind geschlossen.